Konzept Concept-Store: Hat es sich am Ort zum Träumen ausgeträumt?

Colette Paris
Der Concept-Store Colette war einer der ersten seiner Art und galt später als Vorreiter des modernen Einzelhandels. Foto: Getty Images/ Getty Images Europe

„Colette, Mon Amour“ – Fakt oder längst Fiktion? Die Eröffnung des weltweit ersten Concept-Stores liegt mittlerweile mehr als 25 Jahre zurück. Mittlerweile gibt es allein in Berlin mindestens ein halbes Dutzend davon. Redakteur Nils Doose hat einen Retail-Experten gefragt, wie zeitgemäß und zukunftsfähig das Konzept aus heutiger Sicht (noch) ist.

In der 213 Rue St. Honoré in Paris, unweit des Jardin des Tuileries, hat Colette Rousseaux im März 1997 ihr gleichnamiges Geschäft und damit den wohl ersten Concept-Store der Welt eröffnet. Auf drei Stockwerken konnten hier neben den neuesten Kollektionen etablierter Designer:innen auch Pieces von noch gänzlich unbekannten Marken gekauft werden. Schallplatten, internationale Magazine und Beauty-Produkte machten das meisterlich kuratierte Sortiment komplett. Wer zu Colette ging, wollte nicht einfach nur einkaufen, sondern Neues entdecken und sich inspirieren lassen.

Was Concept-Stores so besonders macht

Anstatt sich auf eine Produktkategorie zu spezialisieren, spezialisierte sich Colette Rousseaux auf eine ganz bestimmte Zielgruppe. Für sie kuratierte sie passende Produkte aus allen möglichen Kategorien und schuf so ein ganzes Universum und damit einen Ort zum Träumen. Eine eigene Galerie und ein gastronomisches Angebot sorgten dafür, dass sich Colette schnell zu einem Hotspot in Paris und einem Treffpunkt der kreativen Szene entwickelte, an dem man vor, nach oder sogar ganz unabhängig von einem Einkauf gerne Zeit verbrachte. Obwohl das Geschäft seit 2017 nicht mehr existiert, ist diese Magie bis heute in anderen Concept-Stores, die seinem Beispiel folgten, spürbar. Über die Entwicklung, den Status quo und die Zukunftsfähigkeit dieses Konzepts haben wir mit dem Retail-Experten Prof. Dr. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein gesprochen.

Dr. Gerrit Heinemann
Prof. Dr. Gerrit Heinemann, Leiter des eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein Foto: Foto: Isabella Raupold/ RP OnlineProf. Dr. Gerrit Heinemann, Leiter des eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein Foto: Foto: Isabella Raupold/ RP Online

Der Duden definiert einen Concept-Store als ein „Einzelhandelsgeschäft, das sich mit exklusiven Ideen an einen ausgewählten, anspruchsvollen Kundenkreis wendet“. Wie sieht Ihre Definition aus?
Die eine Definition gibt es nicht, was eine Abgrenzung extrem schwierig macht. Im Grunde genommen kann immer dann die Rede von einem Concept-Store sein, wenn es sich um ein Geschäft mit gemischtem Sortiment handelt. Die vielleicht einzige Schnittmenge ist, dass fast alle Concept-Stores unter anderem Mode verkaufen.

Wie haben sich Concept-Stores seit Colette weiterentwickelt?
Was heute dazugehört, ist ein adäquater Online-Auftritt neben dem stationären Geschäft. Wichtig ist außerdem, dass man datenbasiert arbeitet. Nur mit Kundendaten kann man die eigene Zielgruppe zuverlässig abgrenzen und das Sortiment entsprechend abstimmen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz können jetzt noch individuellere und besser auf den Kunden zugeschnittene Produktempfehlungen gegeben werden als jemals zuvor.

Attraktive Produkte und Sortimente tragen auch zu einer hohen Kundenbindung bei. Was hilft dabei noch?
Da ist sicherlich auch der Service ganz wichtig. Nur bei einer hohen Servicequalität ist der Kunde zufrieden und kommt wieder zurück.

Ein exzellenter Service ist Teil der Erlebnisorientierung im stationären Einzelhandel. Welche Faktoren sollten Concept-Stores noch erfüllen, um den Einkauf zu einem besonderen Erlebnis zu machen?
Die allgemeine Aufenthaltsqualität ist damals wie heute entscheidend. In einem Concept-Stores trifft man als Kunde idealerweise auf Gleichgesinnte. Ein Café oder ein anderes gastronomisches Angebot kann auch dazu beitragen. Technische Gadgets wie digitale Spiegel oder Ähnliches sind hingegen weniger entscheidend.

Wie zukunftsfähig ist das Konzept Concept-Store?
Fest steht, dass es sich um ein relativ kleines Marktsegment handelt. Es ist also alles andere als ein Massenmarkt, aber diese Nische scheint relativ stabil zu sein. Das sieht man auch daran, wie lange es Concept-Stores schon gibt. Die größte Herausforderung für Concept-Stores und alle anderen Geschäfte ist heute, ihre Erlebnisorientierung auch im Onlineshop erfolgreich umzusetzen.