Laut. Feminin. Berlin. Lala Berlin.

Das Contemporary-Label Lala Berlin präsentiert sich unter dem Dach der neuen Besitzer Copenhagen Studios. Im Interview sprechen wir mit Johannes Rellecke, Co-Gründer von Copenhagen Studios, über die Neuausrichtung der Marke, ‚laute Mode‘ und über die Zukunft.
Johannes, beginnen wir direkt mit einem Blick zurück. Letztes Jahr habt ihr als Copenhagen Studios das Berliner Modelabel Lala Berlin übernommen. Wie kam es zu dieser Entscheidung, und wie verlief der Übernahmeprozess?
Es war tatsächlich eine spannende Entwicklung. Wir kannten das Label Lala Berlin und Leyla Piedayesh schon länger. Anfang der 2000er Jahre haben wir fast zeitgleich unsere Marken gegründet, Leyla ging mit Lala Berlin an den Start, wir mit Liebeskind. Über die Jahre hielten wir Kontakt, der Vibe zwischen uns stimmte einfach. Mitte 2023 entwickelten wir unter dem Dach unseres Unternehmens Copenhagen Studios mit Lala Berlin gemeinsam die Kapselkollektion ‚Back to School‘. Das war der erste Schritt, der uns zeigte, dass die Marken gut zueinander passen. Kurze Zeit später erfuhren wir von den finanziellen Schwierigkeiten bei Lala Berlin. Da die Marke einen starken Einfluss in der Modewelt hat und wir sie nicht in den Händen uninteressierter Investor:innen sehen wollten, haben wir schnell gehandelt und Lala Berlin übernommen.
Gab es Überlegungen, das Image oder die Ausrichtung der Marke zu verändern?
Grundsätzlich wollten wir die emotionale Ausrichtung der Marke sogar noch verstärken. Lala Berlin steht für eine selbstbewusste und zugleich feminine Art, die die Berliner Szene widerspiegelt. In den letzten Jahren hatte die Kollektion etwas an Schärfe verloren. Diesen ‚Biss‘ wollten wir wieder stärken und gleichzeitig jüngere Zielgruppen ansprechen. Ein Verjüngungseffekt war uns wichtig, da viele jüngere Konsument:innen die Marke nicht mehr kannten.

Welche Schritte waren nach der Übernahme notwendig, um Lala Berlin stabil und zukunftsfähig aufzustellen?
Uns war wichtig, die Identität von Lala Berlin zu bewahren, denn wir sind von der kulturellen Aufladung, der Diversität, der Emotionalität und von der Ausrichtung, die etwas ‚laut‘ daherkommt, vollkommen überzeugt. Die Marke sollte eigenständig bleiben und nicht in Copenhagen Studios integriert werden. Dazu gehörte, dass die kreative Leitung von Lala Berlin, Leyla Piedayesh, weiterhin an Bord bleibt. Leyla prägt das Label stark, und ihr Einfluss ist entscheidend für die kulturelle Tiefe und die emotionale Ausrichtung der Marke. Strukturell haben wir jedoch einige Anpassungen vorgenommen. Die Prozesse, insbesondere im Bereich E-Commerce, mussten effizienter gestaltet werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier setzen wir auf eine klare und flexible Systemstruktur, die schneller und reaktiver ist.
Das klingt nach einem bewussten Balanceakt zwischen Erneuerung und Back-to-the-roots. Welche Bereiche wurden strukturell noch angepasst?
Wir haben beispielsweise die Vertriebsstruktur überarbeitet. Für den deutschsprachigen Markt arbeiten wir jetzt mit einer Handelsagentur zusammen, die auch unsere Partner:innen in Österreich und der Schweiz betreut. Auch stationär wollen wir uns anders positionieren, der Lala Berlin Store in Berlin wurde geschlossen. Wir wollen nun einen optimalen Standort finden, der das neue Konzept besser unterstützt. Diese Änderungen standen also eher im Zeichen der betriebswirtschaftlichen Optimierung und Effizienzsteigerung und nicht der Markenausrichtung.

Wie sorgt ihr für eine klare Trennung der Markenidentitäten im Tagesgeschäft?
Wir führen die beiden Marken unabhängig voneinander. Lala Berlin wird weder online noch stationär mit Copenhagen-Studios-Produkten vermischt. Auch im E-Commerce arbeiten wir strikt getrennt. So bleibt Lala Berlin in seinem Marktsegment eigenständig positioniert, während wir von der gemeinsamen Infrastruktur profitieren können. Die Systeme sind so ausgelegt, dass jede Marke ihre eigenen Vertriebs- und Kommunikationskanäle behält.
Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Leyla Piedayesh und eurem kreativen Team konkret aus?
Neben Leyla bringt mein Zwillingsbruder Julian, der Creative Director für die Gruppe ist, eine gemeinsame Vision in die Kollektionsentwicklung ein. Durch ihn haben wir frische Perspektiven und Ansätze, die uns erlauben, die DNA der Marke zu stärken und gleichzeitig neue Wege zu beschreiten. So entsteht eine interessante Dynamik zwischen bewährter Markenidentität und neuen Impulsen. Wir haben das Ziel, das Berliner Image von Lala Berlin weiterhin stark zu betonen und gleichzeitig die Kollektion durch moderne, akzentuierte Elemente zu bereichern. Außerdem wollen wir Lala Berlin bei jüngeren Kund:innen stärker bekannt machen und gleichzeitig unsere Bestandskund:innen von der Marke begeistern.
Schlägt sich das Vorhaben auch im Design und in der Preisstruktur nieder?
Absolut! Der Preis ist ein sehr wichtiger Faktor. In der Vergangenheit wurden wir eher im Super-Premium-Segment wahrgenommen, was uns teilweise in eine falsche Richtung gelenkt hat. Wir wollen diese ‚Super Premium‘-Positionierung hinter uns lassen und zur Premium-Positionierung zurückkehren. Das bedeutet, Produkte mit einer hervorragenden Preis-Leistungs-Balance anzubieten, was auch für jüngere Kund:innen ansprechend ist. Ein Beispiel: Wir haben unsere Preise um etwa 15 bis 20 Prozent gesenkt, ohne dabei die Qualität zu opfern. Diese Preisanpassung soll den Zugang erleichtern, ohne den Wert unserer Produkte zu schmälern.


Besonders in einer Zeit, in der Kaufkraft ein empfindliches Thema ist. Gerade durch die Krisen haben viele Menschen weniger Lust zu konsumieren. Was sind für euch die Herausforderungen, aber auch Chancen in so einem Marktumfeld?
Die Herausforderungen sind enorm. Der Konsum ist spürbar zurückgegangen, und das hat auch nach Corona nicht aufgehört. Durch die aktuellen Krisen ist die Stimmung weiterhin gedämpft. Daher ist unsere Strategie besonders auf eine hohe Qualität mit emotionalem Mehrwert ausgelegt. Gute Preis-Leistung und eine authentische Markenstory sind entscheidend, um Kund:innen langfristig zu gewinnen und Bindungen zu schaffen.
Welche Mitbewerber:innen seht ihr im Markt, die ebenfalls stark aufgestellt sind?
Ein Vergleich, den wir oft hören, ist der mit Ganni aus Berlin. Sie haben eine starke, urbane Ästhetik im Premiumsegment, welche auch wir anstreben, wobei wir natürlich eine andere Richtung einschlagen und unsere eigene Geschichte erzählen wollen. Unsere Stärken liegen in der emotionalen Anbindung an die Stadt Berlin.
Fokussiert ihr euch auf den deutschsprachigen und nordeuropäischen Raum, oder habt ihr auch internationale Pläne?
Zunächst einmal wollen wir die Kernmärkte – Skandinavien und den DACH-Raum – richtig ausbauen und stärken, bevor wir uns über eine Internationalisierung Gedanken machen. Skandinavien, vor allem Dänemark und Schweden, sowie Deutschland und Österreich sind unsere Hauptmärkte, in denen wir noch viele Chancen zum Wachsen sehen.

Wenn du drei Worte wählen müsstest, um die Marke in fünf Jahren zu beschreiben, welche wären das?
Da gehen die Assoziationen los (lacht). Wenn wir fünf Jahre nach vorne schauen und wenn die Leute Lala Berlin als Schriftzug beispielsweise auf einem Shirt sehen, dann sollte ihnen als Erstes die Worte ‚Laut, feminin und Berlin‘ in den Sinn kommen.
Abschließend gefragt – was sind eure nächsten Ziele für Lala Berlin?
Wir starten jetzt nach der Übernahme der Marke mit neuer Energie durch und wollen Lala Berlin zurück zu seinen Ursprüngen führen, jedoch mit einem modernen Twist. Unser Fokus liegt darauf, die Berliner Wurzeln der Marke noch klarer herauszuarbeiten und die Kollektion durch mutigere Designs zu stärken. Wir sind überzeugt, dass Lala Berlin in dieser Form auf dem Markt wieder konkurrenzfähig ist und das Potenzial hat, sich langfristig zu etablieren.
Das Interview erschien ursprünglich in der Ausgabe TM 04/24.