Zero-Waste-Mode – Ein revolutionärer Schritt in die Zukunft der Nachhaltigkeit

1 Prozent Verschnitt, maximal. Mit ihrem visionären Ansatz im Modedesign macht Natascha von Hirschhausen etwas möglich, das in der Modeindustrie einen großen, 100-prozentigen Unterschied machen könnte: Kleidung (fast) ohne Abfall.
Jedes Stück wird mit einem Blick für Details und einer Leidenschaft für Nachhaltigkeit gefertigt, die weit über ein Lippenbekenntnis hinausgeht. Wo die konventionelle Modeindustrie bis zu 20 Prozent der Materialien verschwendet, erreicht Natascha von Hirschhausen mit über 99 Prozent Ressourceneffizienz eine beispiellose Quote – und selbst dieser minimale verbleibende Verschnitt findet noch seine Bestimmung: Er wird zu eleganten, perfekt abgestimmten Ohrringen verarbeitet, die zum jeweiligen Outfit geliefert werden. Das Ergebnis? Ein Konzept, das nicht nur nachhaltig, sondern in seiner Essenz nahezu abfallfrei ist.
Für von Hirschhausen ist dieser Zero-Waste-Ansatz mehr als nur ein Designprozess – es ist ein Statement für eine Zukunft, in der Kleidung mit Respekt für Mensch und Natur hergestellt wird. „Ich möchte dieses Wissen weitergeben und zugänglicher für den Massenmarkt machen“, erklärt sie und verweist auf ihre Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Hessnatur. Trotz ihrer primären Ausrichtung auf das Premium- und Luxussegment sei es ihr extrem wichtig, Workshops zu geben und auch mit internationalen sowie nationalen Universitäten zusammenzuarbeiten, „damit Schnitte von Grund auf anders gedacht werden“. Das Wissen über ihre komplexen Zero-Waste-Schnittmuster teilt sie bewusst, um nachhaltiges Design weiter zu etablieren.
Kreativität ohne Kompromisse
Ihre Vorgehensweise ist so komplex wie faszinierend: „Normalerweise produziert man einfach die Schnittteile, legt sie möglichst effizient auf die Stoffbahn und schneidet sie aus. Aber bei unserem Ansatz greifen die Teile wirklich ineinander. Das bedeutet, die Schnittteile sind voneinander abhängig“, sagt von Hirschhausen und hebt hervor, dass dieses Vorgehen eine völlig neue Art ist, Schnitte zu erstellen. Sie sieht hierin auch den Grund, warum sich Zero-Waste-Schnittmuster bisher noch nicht breitflächig durchgesetzt haben: Die Entwicklungsarbeit sei viel aufwändiger, und dieser innovative Zugang werde in der Branche noch oft unterschätzt.

Aber: Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Ein einziger Zero-Waste-Hosenanzug spart über 97 Prozent Frischwasser – das entspricht dem Trinkwasserverbrauch eines Erwachsenen für 14 Jahre. Er reduziert den CO₂-Ausstoß um mehr als 60 Prozent. Mit diesen bahnbrechenden Einsparungen stellt Natascha von Hirschhausen konventionelle Produktionsmethoden in den Schatten und zeigt, was möglich ist, wenn Design mit Hingabe und Verantwortung kombiniert wird.
Für ihre Vision und ihren pionierhaften Beitrag zu einer wasteless Future wurde von Hirschhausen 2017 mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet. Sie betont, dass absolute Null- oder Hundert-Prozent-Zahlen eine Abstraktion seien: „Null und 100 sind mathematische Größen, die es im echten Leben nicht gibt.“ Ein minimaler Verschnitt könne manchmal entstehen, weil die perfekte Verarbeitung stets im Vordergrund stehe. „Ein Kleidungsstück kann nur dann nachhaltig sein, wenn es gerne und oft getragen wird“, erklärt von Hirschhausen. Ihr Ziel ist es, absolute Lieblingsstücke zu produzieren, die über Jahre hinweg geschätzt und immer wieder getragen werden können – und dabei soll der Verschnitt bei weniger als 1 Prozent liegen.
Für viele ihrer Studierenden, die sie im Rahmen ihrer Workshops begleitet, ist dieser innovative Zugang zu Zero Waste eine echte Offenbarung: „Am Anfang haben sie oft Angst, dass ihre Kreativität eingeschränkt wird. Doch am Ende erkennen sie, dass dieser Ansatz eigentlich ein Werkzeug ist, das ihnen sogar ermöglicht, noch kreativer zu sein“, erzählt von Hirschhausen. Der Fokus richtet sich auf die Problemlösung, die Kreativität den Weg ebnet und dabei ressourcenschonend und nachhaltig wirkt.
Diese Kollektion lädt dazu ein, Nachhaltigkeit nicht nur zu tragen, sondern sie zu spüren und zu leben.
Der Artikel erschien ursprünglich in der Ausgabe TM 04/2024.